Gute Sprüche stellen schon eine hohe Qualität dar, tolle Sprüche sind faktisch der Gipfel dieser Art von Formulierungskunst. Wenn wir etwas als „toll“ bezeichnen, meinen wir damit eine Dimension, die nur selten erreicht wird. Dass der Ursprung des Wortes eigentlich im Althochdeutschen liegt und nichts weiter als „töricht“, im weiteren Sinne also „dumm“ oder auch „beschränkt“ bedeutet, spielt dabei keine Rolle. Möglicherweise macht der ebenfalls althochdeutsche Wortzusammenhang mit Nebel, Dunst oder Rauch eine Verbindung zum Spirituellen auf. Nach heutigem Verständnis könnte dann eine bewusstseinserweiternde Bedeutung mit „toll“ verbunden sein. Diese Erklärung wäre dann tollen Sprüchen als dem höchsten Gut der sprachlichen Spitzfindigkeit wirklich angemessen.
Arbeit macht Spaß, ich könnte stundenlang dabei zuschauen.
Die Stoßstange ist aller Laster Anfang.
Mancher fällt aus dem Rahmen, obwohl er gar nicht im Bilde war.
Stell die vor, es ist Krieg und keiner geht hin!
Für manche eine Klopapierrolle, für andere die längste Serviette der Welt.
Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom.
Mancher ist eine Pfeife und hat trotzdem von Tuten und Blasen keine Ahnung.
Man hat’s nicht leicht, aber leicht hat’s einen.
Lieber arm dran als Arm ab.
Allem kann ich widerstehen, nur der Versuchung nicht.
Als wir noch dünner waren, standen wir uns näher.
Mir nach! Ich folge euch.
Kopf hoch, nur Fledermäuse lassen sich hängen.
Jeder Mensch hat ein Recht auf schlechte Laune. Das sollte in die Verfassung aufgenommen werden.
Der Ernst der Lage ist ernsthaft in Gefahr.
Mir geht ein Licht aus!
Mancher hält sich für glänzend und hat doch keinen blassen Schimmer.
Ein Geizhals ist einer, der wie ein Bettler lebt, aus Angst, einer zu werden.
Wer den Himmel auf Erden sucht, hat im Erdkundeunterricht geschlafen.
Eine Gesellschaft, die sich mehr leistet, als sie sich leisten kann, nennt man Leistungsgesellschaft.
Den Fortschritt verdankt die Welt den Unzufriedenen.
Einen Gescheiten kann man überzeugen, einen Dummen muß man überreden.
Was macht Sprüche so besonders toll?
Der Unterschied wird oft genug in Gesprächen deutlich, die sich von einem Missverständnis zum nächsten hangeln, bis ein Teilnehmer die Angelegenheit mit einer schlagenden Bemerkung auf den Punkt bringt. Dann sind ihm auch alle dankbar, dass das Ringen um die richtigen Worte ein Ende hat. Gute Referenten packen dieses Mittel gern in ihre Vorträge. Da sie oft komplizierte Sachverhalte an Zuhörer vermitteln müssen, die sich zum ersten Mal mit dem Thema beschäftigen, können sie mit einem guten Spruch die dargestellten Zusammenhänge präzise im Denken der Zuhörer verankern. Gute Sprüche sind also schon eine Kunst an sich – was macht dann tolle Sprüche aus? Tollen Sprüche gelingt es, meist alle Elemente eines Spruches auf dem obersten Niveau zu handhaben:
- Verblüffung
- Witz
- Eigenlogik
- Sprachliche Eleganz
Wenn die Erwartungen an einen Spruch durch seine Form also noch übertroffen werden, hat jeder den Eindruck, etwas Außerordentliches gehört oder gelesen zu haben. Dann ist man n der Regel so perplex, dass man einfach nur noch „toll!“ sagen kann.
Tolle Sprüche mit besonderen Inhalten
Aber nicht nur die Form, sondern auch der Inhalt eines Spruchs kann eine ganz besondere Wirkung haben. Viele bekannte Themen wie Freundschaft, Liebe oder Geld sind schon so oft verarbeitet worden, dass eine neue Darstellung kaum noch möglich scheint. Wenn es dann einem Sprich gelingt, auf diesen traditionellen Feldern wieder einen neuen Akzent zu setzen, sind wir sozusagen doppelt überrascht. Wir haben weder das eine noch das andere erwartet.
Das weite Feld der Sprüche hat sich in den vielen Jahrhunderten ihrer Existenz immer wieder gewandelt. Mittlerweile gibt es ganze Heere von klassischen Sprüchen von der Antike bis in das Industrie-Zeitalter. Dazwischen tauchten kurzlebige Moden auf, aber auch moderne Standards etablierten sich. Ein Beispiel sind wirkungsvolle Werbesprüche, die dann auch für andere Zusammenhänge übernommen werden. Wenn es in Spruch zum Vorbild für andere schafft – auch das ist eine tolle Leistung.
Sprüche mit neuen Inhalten werden nicht automatisch als toll empfunden. Mit dem Übergang in das IT-Zeitalter sind viele neue Begriffe verbunden. Damit tut sich ein riesiges Potenzial für neue Sprüche auf, aber auch diese müssen alle Ansprüche auf hohem Niveau erfüllen, um „toll“ zu wirken.
Sprüche mit tollem Wortwitz
Das stärkste Potenzial für eine tolle Wirkung von Sprüchen liegt in unterschiedlichen Begriffsdeutungen. Bei der Knappheit der Form erhalten solche Sprüche dann den Charakter einer Definition – erfüllen also formal den höchsten wissenschaftlichen Anspruch. Aber die Darstellung darf natürlich nicht sachlich richtig sein, sondern möglichst absurd. Dass das dann auch noch logisch klingt – dazu muss man der Sprache schon ein Höchstmaß an Suggestion abringen. Wobei „abringen“ natürlich das völlig falsche Wort ist, denn tolle Sprüche leben von der scheinbaren Leichtigkeit, mit der sie jeden Begriff in ihrem eigenen Sinne gebrauchen.