Wenn ein Jugendlicher immer gute Sprüche auf Lager hat, ist es sehr wahrscheinlich einer, dessen Nähe man sucht. Andererseits kann so jemand aber auch anecken. Denn was gute Sprüche sind, definiert jeder unterschiedlich. Wer Authentizität wertschätzt, mag zwar auch über gute Sprüche lachen oder staunen. Aber er wird keinen Menschen mögen, der sich nur hinter starken Sprüchen versteckt. Gute Sprüche können manche Situation klären oder Spannung auflösen. Sie können jemanden aber auch als Spruchkasper ausweisen. Wohl dosiert, sind gute Sprüche wirkungsvoller. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn sich mehrere Kids eine wahre Sprüche-Schlacht liefern. Gute Sprüche schreien formlich danach, durch noch bessere übertrumpft zu werden.
Charakter ist die Fähigkeit, sich selbst im Weg zu stehen, obwohl man ausweichen könnte.
Beziehungen sind wie Songs – manche vergisst du nie, egal ob gut oder schlecht.
Das Denken ist zwar allen Menschen erlaubt, aber vielen bleibt es erspart.
Was nützt das Abtrocknen, wenn man nicht aus dem Regen geht.
Ich bin ein zutiefst oberflächlicher Mensch.
Alles Leben.
Alles lieben.
Nichts bereuen.
Frauen von heute sind ein Problem für Männer von gestern.
An den Kreuzungen des Lebens stehen leider keine Wegweiser.
Bildung ist das, was übrig bleibt, wenn wir alles Gelernte vergessen haben.
Das Schicksal mischt die Karten und wir spielen.
Hört auf zu jammern!
Ihr seid am Leben, mehr ist nicht drin.
Es gibt Risiken, die einzugehen du dir nicht leisten kannst und es gibt Risiken, die nicht einzugehen du dir nicht leisten kannst.
Eine Bank ist ein Ort, an dem man Geld geliehen bekommt, wenn man nachweisen kann, dass man es nicht braucht.
Gute Sprüche und Sprachkultur
Prominente Zeitgenossen sondern oft gute Sprüche ab. Manchmal werden sie ihnen aber auch nur zugeschrieben. In diesem Fall entdeckt man richtig gute Sprüche mit unterschiedlichen Zuschreibungen. Dadurch wird die richtige Zuordnung schwierig. Für viele gute Sprüche ist sie nachvollziehbar, für viele aber bleiben die Autoren unbekannt. Als gute Sprüche können sich auch aus dem Kontext gerissene Zeilen eines Gedichts oder eines klassischen Theaterstücks erweisen. Sogar Zitate von Shakespeare können als gute Sprüche in die Jugendsprache eingehen. Sie werden aber bewusst in andere Kontexte gestellt und ohne den literarischen Bezug genutzt. Prägend für die Nutzung guter Sprüche ist der Zeitgeist. Doch auch andere Faktoren kennzeichnen einen Spruch als gut. Zu ihnen gehören beispielsweise
- der Bildungsstand
- der soziale Hintergrund
- der Beruf oder eingeschlagene Karriereweg
- das Alter
- das Geschlecht
- die Religion
- die ethnische Herkunft
- oder die politische Haltung.
Die jeweilige Sprachkultur nimmt Einfluss darauf, was man als guten Spruch definiert. Daher ist die Kategorie „gute Sprüche“ keine, die volkskundliche Relevanz hat. Es ist eine eher subjektive Einordnung. Das erweist sich spätestens daran, dass mancher Zeitgenosse über angeblich gute Sprüche nur die Stirne runzelt.
Überzeugend muss es sein
Manches, was jemand als schlechten Spruch ansehen würde, kann trotzdem ein guter Spruch sein. Die Situation, in der man einen Spruch loslässt, definiert ebenfalls, wie er wahrgenommen wird. So kann beispielsweise ein mieser oder beleidigender Spruch im richtigen Kontext als Sieg über jemanden wahrgenommen werden. In diesem Sinne definieren die Kumpel des einen ihn als guten Spruch. Die Freunde des anderen werten ihn aber als miesen Spruch. Sprüche werden nun einmal nicht in Güteklassen eingeteilt. Die Zuschreibungen wie „gut“, „mies“ oder „sexistisch“ dienen lediglich dazu, Suchmaschinen auf bestimmte Sprüche hin abzuklopfen. Richtig gute Sprüche kommen auch bei den Erwachsenen an. Aus erzieherischen Gründen muss man gelegentlich trotzdem schimpfen. Man anerkennt aber innerlich die Qualität des Spruches. Aus Sicht Erwachsener sind gute Sprüche
- besonders intelligent
- schlagfertig
- humorvoll
- gut formuliert
- herrlich doppeldeutig
- verbal interessant
- möglichst sinntragend
- mit Bezug auf klassische Vorbilder geprägt
- oder einfach wahr.
Sie enthalten nach Möglichkeit keine Fäkalsprache und sind nicht beleidigend. Die Bewertungskriterien der Jugendlichen sind naturgemäß andere. Verbale Kracher, krasse Anmach-Sprüche oder verbale Grenzgänge, bewusste Tabubrüche und textliche Provokationen sind demnach gute Sprüche.
Was ist denn nun ein guter Spruch?
Auch wenn in einigen Subkulturen eine gewisse Einigkeit darüber besteht, was gute und was schlechte Sprüche sind, beruht die Einigkeit oft nur auf einem gemeinsamen Sprach- und Verhaltenscodex. An einer islamischen Religionsschule würden dieselben Sprüche vermutlich negativ bewertet werden. Ein Spruch, der 1820 in aller Munde war, wird heute vermutlich als Schlafmittel bezeichnet. Jede Zeit hat ihre eigene Sprache. Die Sprüche sämtlicher Kategorien sind in sie eingebettet oder gehen aus ihr hervor. Was ein guter Spruch ist, ist situativ bedingt und Geschmackssache.